Bundessozialgericht entscheidet bei Pensionskassen gegen Betriebsrentner

Im Falle von Direktversicherungen hatte das Bundesverfassungsgericht bisher entschieden (BVerfG, 28.9.2010 – 1 BvR 1660/08), dass bei einer „privaten“ Fortführung nach einem Versicherungsnehmer-wechsel auf die versicherte Person/den ehemaligen Arbeitnehmer die aus diesen Beiträgen resultierenden Leistungen kein Versorgungsbezug nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V darstellen.

Denn in diesem Fall, so die Verfassungsrichter, sei die Direktversicherung aus dem betrieblichen
Zusammenhang gelöst und „typisierend“ einer privaten Lebensversicherung gleichzustellen. Die Krankenkassen wandten das Urteil allerdings nicht an, wenn Pensionskassenversorgungen nach einem Versicherungsnehmerwechsel „privat“ fortgeführt wurden. Das hat nun das Bundessozialgericht auch so „abgesegnet“ (BSG, 23.07.2014 – B 12 KR 28/12 R).
Es wurde in drei Verfahren entschieden. Der Terminbericht liegt zu dem mündlich verhandelten Verfahren vor. Die Urteile zu den anderen beiden Verfahren sind noch nicht bekannt. Sie werden den Beteiligten zugestellt. Voraussichtlich werden sie auf der gleichen Argumentationslinie abschlägig beschieden werden.
Der entschiedene Fall:
Der Kläger hatte bei einer Vertragslaufzeit von 25 1/4 Jahren 24 Jahre selbst – losgelöst von einem Arbeitsverhältnis – als Versicherungsnehmer gezahlt. Darüber hinaus hatte der Kläger eine freiwilligen Zusatzversicherung, wo der Arbeitgeber nie die Versicherungsnehmereigenschaft hatte, abgeschlossen. Die Leistungen, die auf diesen Beiträgen beruhen, dürften – so sein Argument – ohnehin nicht als betriebliche Altersversorgung (bAV) qualifiziert werden. Das Ziel des Betriebsrentners: Anwendung der Entscheidung des BVerfG zur Direktversicherung auf Pensionskassen.
Die Entscheidung:
1. Die Richter stuften die Leistungen insgesamt als beitragspflichtigen Versorgungsbezug ein: „Die Heranziehung sämtlicher ihm gewährter Leistungen der Pensionskasse durch die Beklagte im Rahmen der Bemessung seiner Beiträge zur GKV nach § 237 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB V i.V.m. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ist nicht zu beanstanden.“
2. Grund ist, dass der Senat in Bezug auf die Beitragspflicht von Leistungen einer Pensionskasse – als einem Durchführungsweg der bAV – an seiner in ständiger Rechtsprechung vertretenen „institutionellen Abgrenzung“ festhält. Danach zählen zu den Renten der bAV alle Bezüge von Institutionen, bei denen in typisierender Betrachtung ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem Versorgungssystem und dem Erwerbsleben besteht. Die Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs bleiben dabei ebenso unberücksichtigt wie die Frage eines nachweisbaren Zusammenhangs mit dem Erwerbsleben im Einzelfall.
3. Daher sind Leistungen, die von einer Pensionskasse gewährt werden, beitragsrechtlich stets Bezüge der bAV. Unerheblich für diese Zuordnung ist insoweit, ob es sich bei der leistenden Institution um eine „regulierte“ oder eine „deregulierte“ Pensionskasse handelt. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob dabei Leistungen in Rede stehen, die auf eigenen Beiträgen des Versicherten beruhen.
4. Die obersten Richter äußern sich auch deutlich zu den Unterschieden dieses Falles zum Urteil des BVerfG zur privaten Fortführung von Direktversicherungen: Die Rechtsprechung des BVerfG gilt nicht für Pensionskassen. Das BVerfG hat die vom BSG vorgenommene institutionelle Abgrenzung ausdrücklich als ein verfassungsrechtlich unbedenkliches handhabbares Kriterium gebilligt, das kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG darstellt. Die Ausnahme für Leistungen aus einer vom Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer fortgeführten Direktversicherung ist auf die Leistungen einer Pensionskasse nicht übertragbar. Entscheidend dafür ist, dass der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts im „Durchführungsweg Pensionskasse“ nie völlig verlassen wird. Pensionskassen sind – anders als Kapital- bzw. Lebensversicherungsunternehmen – in ihren Aktivitäten von vornherein auf den Zweck Durchführung der bAV beschränkt. Daher sind auch Leistungen aufgrund besonderer Vertragsgestaltungen – wie hier der „freiwilligen Zusatzversicherung“ des Klägers – als Versorgungsbezug beitragspflichtig, solange sie von einer Pensionskasse erbracht werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kommt schließlich umso weniger in Betracht, als die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses bei einer Pensionskasse als spezieller Einrichtung der
bAV auf der autonomen Entscheidung des Klägers beruhte, seine Altersvorsorge in einer bestimmten Art und Weise zu gestalten.
Praxistipp:
Es ist damit zu rechnen, dass die Verfahren bis zum BVerfG hochgetrieben werden.